Mein erstes Dinner in the Dark

Hallo!

Irgendwann 2017, fragt mich aber bitte nicht wann, las ich auf der Website des Kreisjugendrings Freising von einer Veranstaltung zum Stand-up-Paddeln, die gemeinsam mit der HSG organisiert wurde. Keine Ahnung, was HSG bedeutet, also schnell meinen Freund und Helfer Google zu Rate gezogen. Die HSG ist die Hochschulgemeinde. Diese bieten zahlreiche Veranstaltungen an, beispielsweise kochen, Gottesdienste und ein “Dinner in the Dark“. Das fand ich sehr  interessant, vor allem, da ich es super fand, dass die Leute sich auf das Thema Blindheit einlassen wollten. Also schrieb ich, spontan wie immer, die E-Mail-Adresse der HSG an und fragte nach, ob es möglich wäre, das Dinner zu unterstützen, eventuell Tipps und Tricks beim Essen zu geben und natürlich allgemeinen Fragen über die Blindheit zur Verfügung zu stehen. Es kam auch prompt eine Antwort, in der stand, dass das Team sich absprechen und mir bald Bescheid geben würde. Das hörte sich doch schon mal ganz gut an, dachte ich mir. Eine Woche später bekam ich dann auch eine Antwort von Annie, einer der Studentinnen, die das Dinner organisierte. Sie schrieb mir, dass sie sich so sehr darüber freue, dass ich mich gemeldet hätte und ich super gerne kommen dürfe. Das freute mich natürlich total! Leider bemerkte ich, dass das Datum mit einer anderen Veranstaltung kollidierte. Also sagte ich schweren Herzens Annie wieder ab. Kurze Zeit später erhielt ich eine E-Mail, dass der Termin, zu dem ich ursprünglich eingeplant war, nicht stattfinden würde. Also schrieb ich wiederum Annie eine Mail, dass ich nun doch kommen könne. Sie freute sich und rief mich an, um weitere Details mit mir zu klären. da unsere Verkehrsanbindung ein wenig schlecht ist, mussten mich meine Eltern zur HSG fahren und Anne, die Pastorin, würde mich danach wieder nach Hause fahren. Das fand ich ein super Angebot.

Am 25.10.2017 fand also das Dinner in the dark statt. Ich war, um ehrlich zu sein, ein wenig aufgeregt. Zwar freue ich mich immer darauf, neue Menschen kennen zu lernen, andererseits wusste ich nicht, ob es vielleicht einen Unterschied machte, dass ich nicht studierte und daher nicht die gleichen Gesprächsthemen hatte.

Diese Sorge war aber total unbegründet, denn als wir das Gebäude endlich mit dem Auto gefunden hatten, es war ein wenig versteckt und wir mussten uns die letzten 10 Meter mit dem Navi durchschlagen, wurde ich so herzlich von Annie und den anderen StudentInnen empfangen, dass ich keine Sorgen mehr hatt, wir würden kein gemeinsames Gesprächsthema finden. Ich wurde auch gleich eingespannt, um Kartoffeln zu schälen. Dabei unterhielt ich mich mit Annie. Sie fragte mich, wie es zu meiner Blindheit kam und wie ich mir Farben vorstelle. Die anderen unterhielten sich auch sehr angeregt mit mir. Das zeigt mir mal wieder, dass man einfach nur man selbst sein soll und sich nicht wegen einer Behinderung anders fühlen muss als die anderen.

Das Dinner in the Dark würde folgendermaßen ablaufen: Die Teilnehmer würden erst in den Raum kommen, dann erlischt das Licht und der erste Gang wird serviert. Die Serviererin würde ein Nachtsichtgerät tragen, mit Hilfe dessen sie ein wenig sehen kann. Das Dinner würde aus drei Gängen bestehen. Einer Suppe, einem Hauptgericht und einem Nachtisch. Wir berieten, wie die Suppe am besten in den Raum transportiert werden könnte. Mein Vorschlag war, den Topf in die Mitte zu stellen und zu versuchen, die Suppe in die Teller zu schöpfen. Allerdings ist das sicher nicht einfach, wenn man es nicht gewöhnt ist, blind zu sein.

Also würden wir die Suppe durchreichen. Das war natürlich auch eine gute Möglichkeit. Als wir mit dem Kochen fertig waren und noch ein wenig Zeit blieb, fragten mich Annie und ein weiteres Mädchen, Terry, ob sie mit meinem Blindenstock laufen dürften. Dabei würden sie natürlich auch die Augen schließen. Klar, dass ich es ihnen erlaubte. Sie stellten fest, dass es gar nicht so einfach war und erschraken, sobald sie etwas oder jemanden mit dem stock berührten. Obwohl der Raum natürlich nicht unbekannt war, machte Annie es sich schwerer, in dem sie sich drehte, sodass sie die Orientierung verlor. Anschließend zeigte ich ihnen, wie ich mit dem Iphone umging. Sie staunten nicht schlecht, über die für Sehende viel zu schnelle Stimme der Sprachausgabe. Dann trudelten auch schon die Gäste des Dinners ein. Jeder zahlte einen Eintritt. Ich natürlich auch, schließlich aß ich mit. Ich wurde in den Raum geführt und vorgestellt. Jeder sagte auch seinen Namen, damit ich eine ungefähre Vorstellung hatte, wer alles anwesend war. Dann setzte ich mich zwischen zwei Studentinnen, Svenja und Miri. Wir fingen sofort an, uns zu unterhalten. Woher wir kamen, was wer studierte und welche Ausbildung ich gemacht hatte. Es war ein sehr toller Einstieg in den Abend. dann aber wurde es ernst und das Licht erlosch. Natürlich kann ich nicht sagen, wie genau sich die anderen fühlten. Für mich macht es keinen Unterschied, ob das Licht in einem Raum eingeschaltet ist oder nicht. Tatsächlich denke ich aber, dass es für viele erst mal ein eher komisches Gefühl war, man sich aber nach und nach an die Dunkelheit gewöhnen konnte. dann ging es auch schon los mit dem ersten Gang, der Suppe. Diese war, trotz meiner anfänglichen Befürchtungen, gar nicht so schwierig für die Teilnehmer zu essen. Das lag vor allem daran, dass diese nicht so flüssig war, wie eine Nudelsuppe zum Beispiel. Ich fragte, ob es nun für die Studenten einen Unterschied machen würde, zu essen, ohne etwas zu sehen. Die Antwort war eindeutig: Es macht einen Unterschied, da man die Geschmacksnerven viel besser wahrnimmt, vor allem die Gewürze. Und wir waren uns alle einig, je weniger auf dem Teller ist, desto schwieriger ist es, etwas auf den Löffel zu bekommen. Ich gab den Tipp, den Löffel nach der Suppe zu behalten. Man konnte schließlich nicht wissen, ob man ihn eventuell noch brauchen könnte. Denselben Tipp gab auch die Studentin, die die Suppe wieder abräumte. Ich denke schon, dass einige den Rat befolgten. Auf jeden Fall taten es meine beiden Sitznachbarinnen. Nach jedem Gang wurde gefragt, ob jemand noch Nachschlag wolle. Eigentlich sehr gerne, dachte ich mir jedes Mal, aber leider befürchtete ich, die anderen Gerichte dann nicht mehr essen zu können. Also verzichtete ich darauf, nachzunehmen und war umso mehr auf den zweiten Gang gespannt. Zwar wusste ich ungefähr, was er enthielt, jedoch nicht genau, wie er zubereitet worden war.

Es war eine Art Auflauf mit Kartoffelbrei, Linsen, von denen ich erst dachte, es seien Erbsen, Karotten, Pilze und Käse. Dann kam der Nachtisch. Die unterste Schicht war eine Art Kuchen, mit Apfelgeschmack, Creme und oben mit Krokantsplittern garniert. Sehr lecker. Anschließend wurde es wieder hell und es wurde aufgelöst, was wir gegessen hatten.

Suppe: Sellerie, Croutons, Birnen und frittierte Salbeistangen.

Hauptgericht: Eine Art Gemüseauflauf mit Kartoffelbrei und Käse.

Nachtisch: Biskuitboden mit Apfelmus, eine Quarkcreme und die Krokant Splitter.

Ich stellte fest, dass ich gar nicht alles richtig geschmeckt hatte. Wahrscheinlich bin ich einfach schon geschmacksblind…

Die Gerichte wurden anschließend noch mal für alle zum Anschauen aufgestellt.

Meine Sitznachbarinnen sagten mir, dass sie sich das Aussehen von den Speisen anders vorgestellt hätten. Tja, das Auge isst eben normalerweise doch mit!

Anschließend wurde ich von Anne, der Pastorin, nach Hause gefahren. Sie betonte, wie sehr es ihr und den anderen gefallen hatte, dass ich dabei war und fragte mich, ob ich bald wieder käme! Natürlich wollte ich das! es ist so einfach, sich selbst in die “Sehende Welt” zu integrieren! Probiert es doch selbst einfach mal aus. Und für die Sehenden: Versucht mal, wie es ist, blind zu sein!

(Geschrieben von Franzi)

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